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Teil 2: 5 Tipps, wie du den CE-Drachen in kurzer Zeit besiegst!

In meinem 1. Teil, hab ich schon erzählt, was ich gern vor der Entscheidung mit dem Spielzeugverkauf gewusst hätte. Heute möchte ich euch ein wenig von meiner CE-Reise zum großen Drachen CERUS erzählen. 

 

Als mir der Drache das erste Mal erschien, hab ich beschlossen meine Häkelnadel schleunigst wieder einzustecken und das gleich mal wieder sein zu lassen, denn sein Feuergespucke war mir ehrlich gesagt zu heiss.

Doch wie das nun mal so mit der Neugier und der Abenteuerlust (und der Wollsucht) ist, konnte ich dann doch nicht anders und begab mich auf eine ungewisse Reise.

Heut gebe ich dir meine 5 Tipps, um schneller ans Ziel zu kommen und den CE Drachen zu bändigen.

Ich hab dir viele Links zusammen gesucht, um es dir leichter zu machen dir Wissen anzueignen, ich hoffe dir hilft mein Artikel bei deiner Reise.

 

Ich möchte zu Beginn aber noch erwähnen, dass dieser Artikel auf meinen Wirkungsbereich beschränkt ist, jedoch sicher auch im Bereich für Holzspielzeug etc. teilanwendbar ist. Du solltest aber schauen, ob du an genannten Stellen und Links dafür noch weitere Informationen abrufen kannst mit denen ich mich nicht beschäftigt habe.

Ich bin auch keine gelernte Fachkraft. Das hier ist mein Weg und meine Erfahrungen der letzten Jahre.

Auch ändern sich Auflagen stetig, deshalb möchte ich darauf hinweisen, dass die genannten Tipps sich auf den zum Zeitpunkt des Verfassens  beziehen (Herbst 2021).

Für alle der folgenden Links und Empfehlungen habe ich keine Gegenleistung bekommen.

Alle Angaben ohne Gewähr.

Übersicht:

  1. Ist mein Produkt überhaupt ein Spielzeug?
  2. Wie du einen Schlachtplan entwirfst.
  3. Die richtige Wahl von Material und Lieferanten.
  4. Einer Gruppe, Fachgruppe oder einem Verein beitreten
  5. Aufklärung leisten.

 

 

Aber nun geht die Geschichte los. Es war einmal in einem Land vor einigen, einigen Jahren....


1 - Ist mein Produkt überhaupt ein Spielzeug?

 

Das ist innerhalb der EU kein Wunschkonzert. Es ist klar geregelt, ob ein Produkt ein Spielzeug ist oder nicht.

Wird es von den EU Leitlinien als Spielzeug eingestuft, gibt es keine Möglichkeit mit eigenen Warnhinweisen auf der Homepage oder beim Verkauf dein Produkt als Spielzeug auszunehmen.

Man kann ein Spielzeug nicht mit einem schriftlichen Begleitsatz von seinem Spielwert entbinden. 

Es gibt klare Leitlinien, wann eine Puppe ein Sammlerstück und kein Spielzeug ist (Kaufpreis, Ort an dem es verkauft wird, Aussehen, historische Nachbildung...).

 

Doch manchmal ist es auch nicht so klar, ob dein Produkt nun tatsächlich ein Spielzeug ist oder nicht. 

Man kann ein Produkt nämlich auch nicht sicherheitshalber als Spielzeug einstufen, wenn es keines ist. 

 

 

Du kannst dir zu allererst folgende Fragen stellen:

1. Wer ist die Zielgruppe deines Produktes?

2. Besteht ein Spielwert? Wenn (d)ein Kind es sieht, lädt es (d)ein Kind zum spielen ein?

3. Kann es für ein Rollenspiel verwendet werden?

4. Ist es weich gefüllt, hat eine angenehme Textur, ist es bunt, hat es  ein Gesicht oder eine Tiersilhouette und ist gut mit zwei Kinderhänden zu halten und zu tragen?

 

Höchstwahrscheinlich ist es ein Spielzeug.

 

Du kannst dich dabei auch an großen Marken am Markt orientieren. Bieten andere Anbieter etwas ähnliches an, wenn ja in welcher Kategorie? Ich denke hier an Marken wie Grimm bei Holzspielsachen und Haba bei weichgefüllten Spielsachen. Findet sich dein Produkt irgendwo wieder?

 

Hätte ich von EU Leitlinien schon zu Beginn gewusst, wäre es oft viel schneller klar gewesen wo die Gradlinie zwischen Spielzeug und Dekoration ist.

Zum Beispiel lädt eine starre, schwere Wurzelsepp-Holzfigur auf einen Podest nicht unbedingt zum spielen ein, eine weichgefüllte Puppe mit Kulleraugen jedoch sofort.

Die EU Leitlinien ändern sich im Laufe der Zeit. Das habe ich im Frühling bei den Geburtstagskronen gemerkt. Ende April haben die EU-Leitlinien ein neues Blatt herausgegeben, in dem Kronen aus Papier und anderem Material nun ganz klar als Spielzeug eingestuft sind - sie brauchen jetzt ein CE.

 

Es lohnt sich auf jeden Fall in die EU Leitlinien zu schauen. Lass dich nicht abschrecken, die meisten Leitlinien sind nur in der Überschrift Englisch. Du kannst das PDF dann in vielen verschiedenen Sprachen herunterladen und lesen. Toll ist dabei, dass immer verschiedene Beispielbilder enthalten sind. Es hilft dir also extrem hier einen Blick hineinzuwerfen.

 

 

LINK: Ce für Spielzeug-> 3 Gratis Checklisten, ob dein Produkt ein Spielzeug ist

LINK: EU Leitlinien https://ec.europa.eu/growth/sectors/toys/safety/guidance_de

Möchtest du etwas ähnliches wie ich machen, sind diese Leitlinien für dich interessant:

N°5 Grauzonen,

N°11 Spielzeug für Kinder unter 36 Monaten,

N°20 dekorative Gegenstände und Sammlerstücke.

2 - Wie du einen Schlachtplan entwirfst.

 Okay, dein Produkt ist ein Spielzeug. Was nun? Welche Aufgaben kommen auf dich zu / Wie ist der Ablauf?

 

Wie und was du alles im Vorfeld anmelden musst, habe ich in meinem 1. Artikel erzählt. Heute geht es rein um die Spielzeug spezifische Vorgehensweise.

Jedes Land hat eine eigene Spielzeugverordnung, und dann gibt es noch die Eu weite Spielzeug-Richtlinie 2009/48/EG.

Du musst dazu nur einmal in Google nach der Verordnung deines Landes suchen, sowie die Spielzeug-Richtlinie und wirst gleich die Treffer und passenden Links finden. Und dann solltest du dich als Nächstes mit den Spielzeugnormen beschäftigen.

 

Was ist eine Norm?

 Eine Norm ist ein Dokument, das festlegt welche Anforderungen für Produkte und Dienstleistungen gelten. Dadurch schafft sie Klarheit und erleichtert die Qualitätsicherung deines Produktes. Es gibt also für viele Bereiche ganz klare Vorgaben. Die dir bekannteste ist vermutlich DIN A4. Jeder kennt und weiß, dass ein A4 Blatt 21x29,7cm groß ist. 

Die Normen helfen dir dein Spielzeug sicher herzustellen und auf seine Sicherheit zu überprüfen.

 

Wichtig für Spielzeug sind die Normen DIN EN 71. 

Unter unten genanntem Link kannst du genau nachlesen, welche Normen auf dich zutreffen. In meinem Fall sind das :

Die Norm für die mechanische und physikalische Eigenschaften, Entflammbarkeit und 71-3: Migration bestimmter Elemente - hier geht es um deine Materialien (Wolle, Stoff, Sicherheitsaugen...).

 

Auf die letzte Norm (71-3) gehe ich im nächsten Punkt ein. 

Achtung, diese Angaben beziehen sich auf meine Amigurumis und meine Geburtstagskrone. Möchtest du anderes Spielzeug herstellen, kann es sein, dass auch weitere Normen gelten.

 

LINK: https://www.din.de/de/meta/suche/62730!search?query=DIN+EN+71

 

4 Wege um an Normen zu kommen:

  • Normen kannst du an öffentlichen Stellen, die diese ausstelle,n kostenfrei einsehen. Allerdings kannst du diese nur einsehen, nicht aber kopieren oder abspeichern, das ist also leider nicht sehr hilfreich im Arbeitsprozess.
  • Du kannst die Normen beim BEUTH - Verlag kaufen. Aktuell würden die aktuellen Normen 71-1 bis 71-3 zusammen € 556,80 kosten. Und du solltest dir darüber im Klaren sein, dass alle paar Jahre die Normen erneuert werden und du dann wieder die Neusten kaufen müsstest.
  • Wenn du gut englisch kannst, kannst du Normen in anderen Ländern kaufen/mieten. Denn die Preise für englische Normen sind sehr unterschiedlich und teilweise günstiger.
  • Meine Wahl fiel auf den Beitritt im Verein "Wir machen Spielzeug e.V". Für eine jährliche Mitgliedsgebühr bekommst du hier alle aktuellen Normen zur Verfügung gestellt.

Dein Schlachtplan:

Download
CE Schlachtplan
Lade hier dein PDF Dokument zum Abhaken der einzelnen Schritte ein.
CE Schlachtplan.pdf
Adobe Acrobat Dokument 2.7 MB

3 - Die richtige Wahl von Material und Lieferanten.

 

Diese Wahl solltest du treffen, bevor du deinen Prototypen für den Test herstellst. Und am Besten hast du noch nicht zu viel Material gekauft, welches nun nicht geeignet ist.

 

Du hast also dein Lieblingsprodukt Wollmarke "Lieblingswolle". Du kannst jetzt den Shop-Betreiber (Lieferant) oder den Hersteller "Firma Lieblingswolle" anschreiben und erfragen, ob deine "Lieblingswolle" nach der aktuellen Norm EN 71-3:2019+A1:2021 (Achtung in Kürze kommt eine neue Norm heraus EN 71-3:2021-06) geprüft ist UND den geltenden Anforderungen des Anhangs XVII von REACH einhält.

 

Best Case:

  • Du bekommst für "Lieblingswolle" eine Bestätigung / Zertifikat oder sogar einen Prüfbericht und vermutlich einen Ökotex 100 Klasse 1 Nachweis (inkludiert im Dokument meist die REACH Bestätigung).
  • Du kaufst am besten gleich eine größere Menge.

Worst Case:

  • Es wurde kein Test durchgeführt. Der Hersteller hat daran kein Interesse oder sein Produkt ist aus seiner Sicht aus nicht für die Herstellung von Spielzeug entwickelt und deshalb gibt es auch kein Interesse an diesen Tests.
  • "Unser Produkt ist eh Ökotex100, Klasse 1 geprüft." Dies allein ist für der Spielzeugherstellung nicht ausreichend - vor allem bei direktem Kontakt. Du kannst es natürlich in deiner technischen Dokumentation argumentieren, warum du dich dennoch für dieses Produkt entscheidest, aber dies könnte im Falle einer Überprüfung negativ und als nicht ausreichend gewertet werden, weil beim Test nach 71-3 andere Grenzwerte einzelner Stoffe getestet werden, die die Ökotex100 Klasse 1 Tests nicht inkludieren (z.B. Magensäureechtheit).

 

Meine Tipps und Lösungsansätze:

  • Meine Wahl fiel auf GOTS zertifiziertes Material. Nach aktuellen Stand erfüllen GOTS zertifizierte Materialien die Auflagen zur Spielzeugherstellung. Das heisst, du musst keinen Testbericht anfragen. Du musst dich aber vor dem Kauf / Nachbestellung deiner Materialien darüber vergewissern, dass das Unternehmen noch eine aktuelle GOTS Zertifizierung hat (geht ganz einfach über die offizielle Seite, du kannst dort Unternehmen suchen).
  • Wenn du dich für GOTS zertifzierte Materialien entscheidest, wähle einen oder wenige ausgewählte Lieferanten bei dem du künftig bestellst. Sollte dessen Geschäft selber NICHT GOTS zertifiziert sein, hole dir für deine Unterlagen eine schriftliche Bestätigung, dass das Material getrennt, sauber und trocken von nicht GOTS zertifizierten Materialien aufbewahrt und versendet wird.
  • Bestellst du neue Ware nach - unabhängig ob GOTS zertifiziert oder auch nicht, überprüfe, ob sich die Norm verändert hat und du womöglich eine neue Anfrage herausschicken musst.
  • Führe eine Liste über deine Materialien und wo du sie einkaufst und wie an welchem Tag dieses Zertifkat abläuft, um es dann erneut zu erfragen. Zertifikate werden von prüflaboren für eine Dauer von einem Jahr ausgestellt und dann müssen sie erneut geprüft werden.
  • Du kannst Materialien natürlich auch selber in einem unabhängigen Prüflabor testen lassen. Dies empfiehlt sich allerdings nur, wenn du vor hast eine große Menge zu kaufen und dir die Kosten egal sind. Denn eine Prüfung für einen bestimmten Artikel, gilt dann z.B. für diesen einen Ballen oder die Charge den/die du testen hast lassen. Diese Variante empfiehlt sich also nur in Ausnahmen.

Wow, nun hast du schon ganz schön viel gelesen! 

Brauchst du eine Pause? Dann lass die ersten 3 Punkte sacken und arbeite sie ab.

 

Bist du bereit für die letzten zwei Punkte? Hier geht es weiter zum 3. Teil auf deinem Weg zum CE.

Verlinkungen und Auskünfte sind nach besten Wissen und Gewissen geprüft. Ich bin jedoch kein Fachexperte, sondern teile mein persönliches Wissen. Angaben ohne Gewähr.

(Stand: Herbst 2021)

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Kommentare: 1
  • #1

    Betty (Freitag, 10 Dezember 2021 19:37)

    Wow, ganz toll, ich bin eben auf der Suche nach anderen Informationen auf deiner Seite gelandet und dachte, ach CE, das interessiert mich ja auch :-D Die Aufmachung mit dem ce-speienden Drachen finde ich super und den Textaufbau trotz aller Bürokratie total ermutigend. Vielen Dank für diese tolle Beschreibung!